08.12.2016

Idefix

Da war dieser kleine Hund, so hilflos. Anscheinend war er von bösen Buben gequält und misshandelt worden. Sofort fingen die Kinder an ihn zu hätscheln:“So süß.“
„Nun nimm ihn nicht gleich auf den Arm, wer weiß was der alles hat.“ mahnt der Vater. Aber auch die Mutter will dem armen Kerl helfen. „Da muss man doch etwas tun.“ 
„Bringen wir ihn ins Tierheim, die wissen schon, haben Erfahrung.“ versucht der Vater einen Kompromiss zu finden. 
„Ja, morgen“, sagt die Mutter, nicht sehr überzeugend. 
Mutter setzt sich durch, die Kinder sind auf ihrer Seite. „Wir kümmern uns auch“, versuchen sie zu versprechen. 
„Ihr macht euch keine Gedanken, was da alles auf uns zu kommt. So ein Tier kostet auch. Tierarzt, Impfungen, wer weiß wie groß der noch wird. Dann muss auch einer mit dem Hund raus. Mindestens zwei Mal am Tag, auch bei Regen. Und wie wollen wir dann in Urlaub? Kann man nicht überall mitnehmen, da gibt es Quarantänebestimmungen in manchen Ländern. Da denkt ihr überhaupt nicht dran. Nur ‚so süß….‘ jetzt noch. Aber warten wir mal ab, so in nem halben Jahr.“ Vater ist echt sauer. Vater weigert sich, den Hund überhaupt anzufassen. Vater nennt den Hund auch immer nur Hund, nie Idefix, wie die Kinder ihn getauft haben. 




Tatsächlich ist es nicht so einfach mit dem Hund. Sauber ist er noch nicht. Kackt auf den teuren Teppich, pinkelt in die Küche. Vater flucht, Mutter macht den Dreck weg. Die Kinder spielen mit Idefix. Die Kinder gehen auch mit Idefix raus, sind stolz, werden beneidet. Aber auch gehänselt. „Hat der Flöhe? Der hat bestimmt Flöhe. Und Würmer. Eklig.“
Hat tatsächlich Würmer. Der Vater will ihn nun endlich im Tierheim sehen. Dann zerkaut er Vaters gute Schuhe. Knabbert am Sesselbein. Vater läuft rot an. Einmal hätte er beinah nach Idefix getreten. 
Aber mit der Zeit beruhigt sich der kleine Hund. Wird auch nicht viel größer. Er ist auch lustig, macht komische Sachen, lernt den Ball holen, trägt die Zeitung nach Haus. Naja, den Postboten knurrt er an (blödes Klischee. Woher weiß der Hund das?) und die krumme Frau, die mit ihrem alten Boxerhund in den Park kommt, die hätte er beinah einmal gebissen. 
Die Kinder lieben Idefix, doch mit den Jahren finden sie auch immer häufiger Ausreden, um nicht mit ihm Gassi zu gehen. 
Fünfzehn Jahre später. Idefix ist seit  vier Jahren tot. Alle waren sehr traurig, aber auch einig, dass kein anderer Hund Idefix ersetzen könnte. Trotzdem haben sie dann acht Monate später einen aus dem Tierheim geholt. Einen kleinen strubbeligen Streuner, den sie Janosch nannten. Dann gingen die Kinder aus dem Haus, in andere Städte studieren. Mutter verliebte sich im Urlaub in einen Schweizer Autohändler und lebt jetzt in Thun, im Berner Oberland. Vater hat darauf bestanden, dass Janosch bei ihm bleibt. Vater ist froh, den Hund zu haben. Wenn er jetzt mit ihm raus geht, dann kann er wahrscheinlich Andrea treffen, die hat auch so einen Mischling, aber Kurzhaar. Sie ist ganz nett.

Ersetze „kleinen Hund“ durch „300.000 Flüchtlinge“

Lies die Geschichte noch einmal.

16.11.2016

Klar hatte ich ein Karl May Buch

aber wahrscheinlich das falsche. Selbst den Titel weiß ich nicht mehr, so wenig hat es mich gepackt. Damit war dann für mich auch Schluss mit Winnetou etc. weil der Mann aus Sachsen es bei mir nicht geschafft hatte. Vielleicht konnte ich deshalb auch keine große Begeisterung für Amerika entwickeln, wobei damit natürlich dieses Grundstück zwischen Kanada und Mexiko gemeint ist. Sie hatten uns befreit, hatte man mir als Kind beigebracht, was wohl bedeutete, sie brachten Kaugummi, Lucky Strikes und Rock’n Roll. Das war anscheinend vorher verboten. Sie waren die Guten und sorgten dafür, dass nicht am nächsten Tag der Russe vorm Dom stand. Trotzdem konnte ich ihnen nichts abgewinnen. Ich war sogar etwas enttäuscht, als ich erfuhr, dass Bob Dylan kein Engländer war. Der Vietnamkrieg machte es nicht besser.



Auch die Mittelstrecken-Raketen nicht, die Ende der Siebziger in Deutschland aufgestellt wurden. Dann lernte ich Taijiquan und einen kleinen Chinesen kennen, der in Colorado zuhause war. Deshalb flog ich dort hin. Drei Mal war ich da ohne viel mehr gesehen zu haben als die Ausläufer der Rocky Mountains, wo sich Gia Fu Fengs Stillpoint befand. Die Menschen waren immer sehr freundlich und hatten von nichts eine Ahnung, wenn man mit ihnen ins Gespräch kam.


Ich würde nicht sagen, dass ich einen Antiamerikanismus pflege. Sie wären mir egal, wenn sie sich nicht so wichtig machen würden in unserer Welt. Wenn sie sich nicht für die Krone der Schöpfung hielten. Seit dem zweiten Weltkrieg richten sie Unheil an, nur damit morgen nicht der Russe vorm Dom steht. Ich mag auch keinen Kaugummi, rauche seit Jahren nicht mehr und Rock’n Roll, nun ja, das war mal. Die Zeiten sind vorbei. Was ich sagen will, ich gehöre nicht zu denen, die glauben untrennbar mit der US Nation verbunden zu sein. Ich kann ganz gut ohne deren Kultur auskommen.

Ich gehöre zu denen, die geglaubt haben, so ein Schut* kann nicht Präsident werden. Die Medien sollen ihm nicht so viel Aufmerksamkeit schenken. Jetzt ist Schut Präsident und Schut holt sich jede Menge anderer Schute ins Boot. Schut wird als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika einigen Einfluss auf die Entwicklung der nächsten Jahre nehmen, soweit es in den Interessen der Mächtigen liegt, zu denen er nicht gehört. Man könne das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen, hat man mir beigebracht. Diese Gangster in USA scheinen allerdings den Dreh gefunden zu haben. Soziale Errungenschaften, zwischenmenschliche Einstellungen, die mir immer selbstverständlich vorkamen, negieren sie, werfen sie auf den Kehricht, drehen sie um. Frauen sind wieder die Nigger of the world, Menschen mit nicht schweinefarbener Haut gelten als Dreck, auch wenn davon mehr auf diesem Planeten leben. Sie halten sich wieder für die Krone der Schöpfung, sie sind nicht mehr wert als die Schaumkrone auf meinem Bier, sie sind der Abschaum dieser Schöpfung, weil sie unmenschlich sind.

Ich glaube kaum, dass sie merklichen Einfluss haben werden auf mein persönliches Leben und hoffentlich keinen nachhaltigen Schaden auf das Leben meiner Kinder und Enkel. Um den abzuwehren, werde ich gegen den Schut sein, nicht aus antiamerikanismus. Ich werde dabei auch kein liberalistisches Verständnis für die Idioten, für die Deppen aufbringen, die diese Verbrecher an die Macht gebracht haben.

Eigentlich geht mir das ganze Theater am Allerwertesten vorbei. Aber nach mir soll keine Sintflut kommen. Ich bin einmal angetreten mit dem Wunsch, dass unsere Generation das Leben auf diesem Planeten für alle lebenswerter macht. Das lass ich mir nicht von einem Immobilienschut nehmen.

Würde ich anders denken, wenn ich das richtige Karl May Buch bekommen hätte? Ich hoffe nicht.

*Ich verwende hier Schut als Synonym für Arschloch, denn ich kann den amerikanischen Präsidenten ja nicht Arschloch nennen.

08.11.2016

Creating meaning: a Daoist response to existential nihilism



Geir SigurÞsson1
Received: 12 June 2016 / Accepted: 26 July 2016

© Academy for International Communication of Chinese Culture and Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Abstract 
The rise of modern science in the Western world produced not only a number of social and technical improvements but also a view of the world as a godless mechanism and thus of human life as devoid of ultimate metaphysical meaning. Some modern Western thinkers worried that this rational scientific view of the world, which presupposes ‘metaphysical nihilism’, or the view that there are no metaphysically grounded values, would also lead to an existential kind of nihilism that rejects human life, action, morality and social values in general as meaningless. Their attempts at preserving the former condition while preventing the emergence of the latter, how- ever, have been criticized as being founded on questionable metaphysical and even religious foundations, and thus for being inconsistent with the modern scientific outlook. Richard Dawkins‘s argument that engagement in the scientific activity of seeking truth suffices to establish meaning in life is generally not regarded as con- vincing, largely because the ‘truths’ of modern science fail to provide anything resembling existential meaning. Apparently, Western culture seems to suffer from some kind of metaphysical yearning in its post-metaphysical scientific world. This paper seeks an inspiration for a solution in early Daoist philosophical writings, most notably the Laozi and the Zhuangzi, and their call for creative self-forgetting and constantly active interpretation. Their treatment of topics such as human life, death and activity uncovers an intriguing worldview consistent with ‘metaphysical nihilism’ and yet inherently meaningful and life affirming.



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10.10.2016

Wie meine Tage hier vergehen.

Morgens geh ich meistens kurz vor sechs in den Tempel. Der ist hier gleich ums Eck. Der Mann von Frau Qu macht schon mal das Warenhaus für den Kundenansturm zurecht. Mehr dazu später. Der alte Torwächter, über den man wahrscheinlich auch ein ganzes Buch schreiben könnte, schaut mich mit stoischem Gesicht flüchtig an, erwidert meinen Gruß nie. Manchmal flucht er. Dann hat er wohl seinen guten Tag.



Oben, der Tempel liegt am Hang und deshalb müssen erst hundertfünfzig Stufen bewältigt werden, bereiten einige Nonnen den Tempelinnenraum für die Morgenrezitation vor. Dinge werden an ihren Platz gerückt, Räucherwerk verteilt. Eine stellt sich vor die große Trommel und legt mit zwei Klöppeln ein einminütiges Solo hin. Die Musiker stimmen sich und ihre Instrumente. Dann kommen acht weitere Nonnen, die sich gelbe Umhänger überziehen und ihre Plätze vor dem Altar einnehmen. Die Tempelhalle ist zwar geräumig, aber über die Hälfte gehört zum Altarraum. Für die Gläubigen ist nicht so viel Platz vorgesehen. Kommen aber auch selten viele. Das ist ja hier keine Kirchengemeinde mit großem Einzugsgebiet. Die restlichen Nonnen, ein paar Pilger, jetzt oft auch die Kids unserer Schule, dafür ist reichlich Platz. Wenn’s mal richtig voll wird, so wie morgen, dann stehen die meisten draußen. So wie ich, nachdem ich meine drei Verneigungen gemacht habe. Die mache ich nicht aus einer religiösen Überzeugung, sondern weil es mir früher verdammt schwer gefallen ist. Da musste ich einiges im Innern überwinden und damit sich das nicht wieder unnötig aufbaut, mache ich morgens meine Verbeugungen. Draußen ziehe ich meine Qigong Form durch - 18 Wege - halbe Stunde, dann noch eine viertel Stunde stehen. Runter zum Frühstück.

Meistens gibt es Nudelsuppe und die allein ist schon ein Grund für mich, hier zu sein. Die nehme ich gerne draußen auf der langen Terrasse ein. Ich bin derzeit der einzige Ausländer hier. Zum Essen gibt es einige Regeln, eine davon ist, dass nicht angefangen wird bevor alle am Tisch sitzen, dann kommt die Danksagung und bis die gesprochen ist, bin ich mit meiner Suppe draußen schon fast fertig. Auch wird nicht geredet beim Essen, sodass mir keine wichtige Konversation entgeht.

Danach sauber machen; Stube, Wäsche, sich selbst. So in der Art. Ah! Vorher trink ich meine Tasse Kaffee, bin ja wieder vereint mit meiner wunderbaren Rommelsbacher.
Ich hab ja mein Zimmer, immer das gleiche. Anfangs deswegen, weil dort noch Wifi empfangen wurde. Dann wurde der Router ins Erdgeschoss verlegt und Schluss mit wifi, aber das gleiche Zimmer. Jetzt hab ich aber das geheime Passwort von Zhong Shifus privatem Router und der steht zwei Zimmer weiter. Ich meine, Internet, das bedeutet hier, dass ab und zu mit dem Bus ein Paket Bits und Bites hoch gebracht werden. Die lässt man frei und jeder fängt sich schnell soviel er bekommen kann. Obendrein verlangsame ich meinen digitalen Umgang mit Hilfe eines VPN, aber ohne den säße ich vollends auf dem Trockenen. Die hübschen kleinen überflüssigen Filmchen auf Facebook zum Beispiel, die kann ich mir nicht anschauen. Die bleiben nach ca 12 Sekunden stehen. 

Viertel vor Neun ungefähr ziemlich genau etwa beginnt die vormittägliche Trainingseinheit. Die Kids haben ihr Spezialprogramm, ich lerne eine lange Schwertform, aber die erste Stunde gehört den Brokatübungen und einem weiteren Qigong, meistens Stehen - Zhan Zhuang.. Pause, dann Form. 
Derzeit ist der Chef krank. Dicken Hals. Gehört ins Bett. Aber er widmet mir täglich zwei Mal eine halbe Stunde, schweigend. Braucht ja auch nicht reden; er macht vor, ich mach nach. Ich versteh, was er da macht. Ich bin schon lange genug dabei und hatte gute Lehrer. Er ist einer der Besten. Wenn er mir etwas zeigt, wird es mir klar. Das war schon immer so. Lehrer Li hatte mir einen neuen Schritt im Baguazhang gezeigt, ich hab geübt. Dann kam Guan Yongxing und hat es korrigiert - ach so. Ich hab geübt. Dann kam Meister Zhong, hat mich fragend angesehen, hat mir das gleiche noch mal gezeigt, es wurde mir klar, ich hab es verstanden. 

Nach dem Mittagessen ist Ruhe. Das heißt, ich erledige meine Post und überprüfe die „Gefällt mir“ Anzahlen auf Facebook. Die Bilder vom Sonnenaufgang am Sonntag liegen derzeit vorn, s war aber auch berauschend schön. Dann mach ich noch ein Nickerchen, halbe Stunde und übe auf der Xiao. 

Am Nachmittag ist wieder Training, vor allem einpauken der neuen Schritte und Verständnis vertiefen. Nie vergessen, dass es Taiji ist, auch wenn weiter geöffnet wird als in der Handform. Es gelten die gleichen Prinzipien. In der letzten Stunde spiele ich fast alle Formen noch mal durch, 28, 13, Taihe, Bagua, Xuanwu, Taiyi Wuxing…
oft spielt Frau Guo mit und wo er kann, klinkt sich Herr Gao auch ein.
Jeden zweiten Tag allerdings unterbreche ich das Training und gehe zum Xiao Unterricht bei Hu Yang. Sie macht das sehr, sehr gut. Legt einen Affenzahn zu, weil wir ja nur gut drei Wochen Zeit haben, um mir die wichtigsten Methoden beizubringen. Damit ich im Winter genug zu üben habe. Ich weiß auch nicht was mich geritten hat, als ich im Sommer plötzlich runterging und Meister Zhong sagte, ich wolle die Flöte lernen. 


Nach dem Abendessen je nach Wetter kurzen Spaziergang, etwas Flöte spielen, Computer, Heia. Diese Woche kein Spaziergangswetter aber nächste Woche soll es wieder wärmer werden. Auch nicht gerade der Knaller aber so um die 20 Grad.

05.10.2016

Be Yourself

Ein vermeintlich guter Rat

Er verbreitet sich in den sozialen Medien, mit hübschen Bildchen hinterlegt auf Facebook, in Schönschrift und mitunter dem Dalai Lama, Rumi oder Albert Einstein zugedichtet. Be Yourself, in dieser kurzen Version oder auch etwas ausgeschmückt, versuche nicht, ein anderer zu sein, als der, der du bist. Manchmal auch etwas veralbert, wie: Sei immer du selbst, es sei denn du bist ein Einhorn, dann sei ein Einhorn.

Das klingt alles auf den ersten Blick recht einleuchtend. Warum soll man auch jemand anderer sein, als jener, der man ist. Wie kann ein Mensch überhaupt jemand anderer sein. Offenbar kommt der Tipp aber gut an, er wiederholt sich nun schon seit geraumer Zeit, mal anders gewandet und immer mit viel Zuspruch. Aber nun mal Spaß beiseite, vergesst es. Lasst die Finger davon, greift nicht dahin, es ist die Festigung einer Illusion, ein alberner Trick des kollektiven Bewusstseins. Stimmst du zu, schnappt die Falle zu. Zack. Du bist du selbst, ohne zu wissen, wer du bist.

Wer oder was soll es denn sein, dieses oder dieser Selbst. Womit, mit welcher deiner inneren Institutionen identifizierst du dich in dem Augenblick, in dem du zustimmst, du selbst zu sein, es immer bleiben zu wollen? Und wer ist jener, der zustimmt? Was ist mit dem Körper? Die meisten Menschen, die ich darauf anspreche betrachten den Körper einerseits nur als ein Fahrzeug, in dem der/die eigentliche Selbst sitzt, andererseits als ein Mängelbauteil, an dem noch einiges zu ändern sei, um mit sich selbst zufrieden zu sein. Mit den Emotionen sich zu identifizieren ist Unsinn, dazu sind sie viel zu flüchtig. Die eigene Meinung beziehungsweise den Meinenden als Selbst ansehen? Noch nie die Meinung geändert? Nein nein, das kann es alles nicht sein. 

                

Wenn wir alles Erworbene ablegen können, die Verhaltensweisen, die unserer Kultur und dem sozialen Umfeld geschuldet sind, die Rollen, die wir spielen, die Masken, welche wir dabei aufsetzen, unsere ganzen Werte, Moralvorstellungen, alles, was wir noch nicht hatten, als wir zur Welt kamen, dann nähern wir uns dem Selbst. Zu sein wie neu geboren, das wird bei Laozi (dem Echten) des öfteren gelobt.

Kapitel 10 … das Qi sammeln, geschmeidig bleiben, wie neu geboren… 
Kapitel 20 …ich allein bleibe still, ohne ein Zeichen, wie neu geboren, ohne ein Lächeln, verwirrt verirrt im Nirgendwo 
Kapitel 55 Wer des Wandels Fülle in sich fühlt, ist wie neu geboren…

Zurückkehren zum Ursprung ist daoistisches Leitmotiv, das Ziel der Kultivierung. Natürlich zu sein, ohne Wünschen und Wollen, Ziran, ganz aus sich selbst heraus. Wenn du wirklich alles ablegen kannst, was du bisher für dein Selbst gehalten hast, was du glaubst, immer sein zu müssen - be yourself - dann wirst du leer. Wie ein Spiegel, in dem die Anderen sich erkennen. Wie ein Gefäß, das nach Belieben gefüllt werden kann. Du bist die Leere, du bist die Form. Die Füllung geht in dich ein und wieder aus, hat weder Dauer noch Bestand. Es ist wie die Luft, die du atmest, die Nahrung, die du aufnimmst. Was davon bist du?

Form macht die Leere nutzbar, Leere gibt der Form ihren Sinn. 
 Always be yourself, except you are empty, then be emptiness.

27.09.2016

Freiheit die ich meine

Kinder brauchen Grenzen, Menschen sollen sich frei entfalten können. Wir sind bereit Freiheit zu gewähren, solange die eigene dadurch nicht eingeschränkt wird. Oder anders gesagt, endet die eigene Freiheit, dort, wo sie einen anderen begrenzt.
Freiheit ist ein weiter Begriff, ein sehr weiter. Manche verstehen darunter absolute Grenzenlosigkeit. Freiheit unterscheidet sich in eine Freiheit zu etwas und einer Freiheit von etwas. Es gibt die äußere Freiheit, nicht eingeschränkt zu sein in Bewegung oder Meinungsäußerung, es gibt eine innere Freiheit, nicht eingeschränkt zu sein durch Triebe, Erwartungshaltungen, Vorstellungen etc.
Es gibt eine Freiheit, die man erwirbt durch seine Fähigkeiten, die ständiges Lernen, Korrigieren und Erweitern verlangt. Was anstrengend sein kann, schmerzhaft und mit Scheitern verbunden.
Die Definition von Freiheit beschäftigt die Menschen seit frühester Zeit. Laozi verstand darunter etwas anderes als sein Zeitgenosse Kungzi, Zeno etwas anderes als Sokrates, die Christen etwas anderes als die Juden...
Ich habe mich durchgelesen, durch Definitionen, Diskussionen, Sprüche und Widersprüche. Letztlich musste ich erkennen, dass ich ein Existenzialist bin. Der Beschreibung Sartres kann ich mich am ehesten anschließen. Es ist die Beschreibung, die ich gesucht habe.
Der Mensch ist verantwortlich für das, was er ist. Somit ist der erste Schritt des Existentialismus, jeden Menschen in den Besitz dessen zu bringen,, was er ist, und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen. Wenn wir sagen, der Mensch sei für sich selber verantwortlich, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.

 Um es mir einfach und nicht all zu kompliziert werden zu lassen, übernehme ich die Zusammenfassung aus Wikipedia (muss ich auch mal wieder für spenden):

Im Existenzialismus gilt der Mensch als unbedingt frei. Zugespitzt formulierten Jean-Paul Sartre und Albert Camus getrennt voneinander, der Mensch sei zur Freiheit verdammt. Diese Auffassung basiert darauf, dass hindernde Umstände als gegeben angesehen werden, so dass ihnen keine freiheitsbegrenzende Qualität zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Hindernisse als natürlich, gesellschaftlich oder durch Naturgesetze bedingt ansieht. Beispielhaft wird ein Berg nur dann als Hindernis anzusehen sein, wenn der Mensch zuvor die freie Durchfahrt als Normalzustand definiert, was aber nicht der Fall bzw. nur eine menschliche Setzung sei. Genauso könne ein Mensch, der in einem Turm eingesperrt ist, immer noch frei seinen Ausbruch planen, selbst wenn er damit scheitert, weil das Scheitern nicht die Freiheit begrenzt, sondern Teil der menschlichen Existenz und somit seiner Freiheit sei. Das Besondere an der menschlichen Freiheit bestehe darin, dass er die Wahl habe, sich gedanklich in die Umstände zu fügen oder über diese im Rahmen der stets begrenzten menschlichen Möglichkeiten hinwegzuschreiten. Da sich niemand, auch der Gefangene im Turm nicht, in letzter Konsequenz mit den gegebenen Umständen abfinden muss, bleibt der Mensch frei. Freiheit bedeutet dann aber notwendigerweise, an den gegebenen Umständen, mit denen sich der Mensch gerade nicht abzufinden bereit ist, zu leiden.

14.09.2016

Holz hacken und Wasser tragen

Über die Selbstkultivierung

Manche glauben oder hoffen, mit der sogenannten Selbstkultivierung oder Erleuchtung erlange man eine Art Supermann Fähigkeiten. Nicht nur, dass man über das Wasser gehen könnte oder andere per Handauflegen heilen kann. Auch soll ein Vollendeter keinen Hunger mehr verspüren oder Durst, unempfindlich sein für körperlichen Schmerz, emotionale Schwankungen, ja überhaupt frei sein von all dem, was einen Menschen ausmacht. 
Das ist ein eitles Wunschdenken und zeigt, wie weit entfernt man von der Kultivierung ist. Denn es zeigt Unzufriedenheit mit dem eigenen Sosein. Dabei ist es das Ziel der Kultivierung, genau das voll und ganz zu erkennen und anzuerkennen. Verspüre ich Hunger, so werde ich ihn stillen genauso wie ich meine Gedanken stille. Habe ich meine Notdurft zu verrichten, dann ziehe ich mich zurück. Genauso werde ich meinen Ärger nicht öffentlich machen. Es ist mein Ärger, was geht das andere an. 

 


Wind und Kälte, Hitze oder Feuchtigkeit kommen von außen und ich schütze mich, damit sie nicht in mich eindringen. Ärger, Trauer, Ängste und Sorgen kommen von innen und ich schütze mich, damit sie nicht nach außen dringen. Den Wind kann ich nicht aufhalten, den Geist kann ich beruhigen. Das ist die Kultivierung des Selbst. 
Wie kann jemand, mit sich selbst unzufrieden, jemals in Frieden leben. 

07.09.2016

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose




In den Wudangbergen findet man hin und wieder ein Schild auf dem sie als die Wiege des Taijiquan gepriesen werden. Auch eine Briefmarkenserie der chinesischen Post sagt das und in diesem Video  wird auch die Gewchichte erzählt von Zhang Sanfeng, der die Inneren Kampfkünste begründet haben soll. 
Andererseits rühmt sich das Dorf Chenjiagou, Ursprungsort des Taijiquan zu sein und inzwischen tauchen bisher unbekannte Stile auf, die bisher nur im Geheimen, dafür aber schon über 1000 Jahr oder mehr existieren sollen. Ganz gleich von wo stammend, wird heute niemand mehr das praktizieren, was vor 400, 600 oder 1000 Jahren vom legendären Gründer gemacht wurde. 
Taijiquan ist ein lebendiges System, welches mit und durch jene lebt, die es ausüben und das schließt Veränderung mit ein. Sicher sollen bestimmt Kriterien erfüllt sein, damit es Taijiquan ist und nicht einen andere Kampfkunst oder sogar weder das eine noch das andere. 
Ich habe heute wieder im Mainzer Rosengarten geübt. Der Weinmarkt ist vorbei und meine geliebt Nische kann bespielt werden. Dabei kam mir dieses Thema in den Sinn. Dort stehen verschiedene Rosensorten. Alle sind im Laufe der letzten Jahrzehnte gezüchtet worden, keine ist die originale, ursprüngliche Rose. Welche davon die schönste ist, kann auch die professionellste Jury nicht bestimmen. Das bleibt einem jeden Geschmack überlassen und manchem mag auch eine verwilderte Heckenrose die größte Freude sein.
Orchideen, Tulpen oder gar künstliche Rosen haben in diesem Beitrag nichts zu suchen. Es wäre auch überflüssig, jetzt wieder mit dem Totschlagargument "alles ist Dao" die ganze Diskussion sprengen zu wollen. 
Es kann etwas nur dann Taijiquan sein, wenn es bestimmte Regeln einhält. So wie etwas nur dann Fußball ist, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. Laufen alle mit dem Ball in der Hand rum, ist es kein Fußball mehr, vielleicht Football, Basketball oder Handball. Aber alle fallen unter Ballspiele. das ist eine höhere Kategorie. 
Taijiquan kann in mehrere höhere Kategorien fallen: Kampfkunst, Qigong, Meditation oder Gymnastik (womöglich noch mehr). Diese können wieder unter noch höhere Kategorien fallen wie körperliche Bewegung oder letzten Endes "Leben". Doch darunter fällt alles, was uns hier begegnet, weshalb nicht alles Taijiquan ist und Taijiquan ist auch nicht alles. 
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.

04.09.2016

Unbekannte Teilnehmer

Noch immer wissen viele Mitmenschen nicht, was Taijiquan ist und wozu es gut sein kann. Aber es gibt auch Übende, von denen wir Lehrer nivhts wissen. Eine Beobachtung von Bernd Pross.

 

Tai Chi

Mein Fahrer hat mich zu einem Tai Chi Kurs angemeldet und nun stehen ich mit sechs anderen Motorräder auf einer Wiese und wir sollen bei eingeklapptem Seitenständer die Balance halten. Die schwere Enduro vorne rechts tut sich schwer, ich sehe wie sie heimlich den Hauptständer etwas gesenkt hat, um sich bei Bedarf abzufangen.

Wir beginnen mit einem leichten Anheben des Vorderrades. Einige plumpsen gleich wieder zurück auf den Boden, trauen sich nicht richtig oder haben Probleme mit der Balance. Wir üben es eine Weile und es geht besser. Als nächstes sollen wir unsere Spiegel drehen. Rechter Spiegel nach links, anschliessend linker Spiegel nach rechts. Unser Tia Chi Lehrer korrigiert jene geduldig, die Spiegel oder Richtung verwechseln. Ich sehe wie die kleine Tourenmaschine zaghaft den Blinker betätigt, um zu sehen, wo ihre rechte Seite ist. Danach macht sie die Übung fehlerfrei. Dafür drehe ich meine Spiegel immer wieder in die falsche Richtung, weil ich mich nicht auf die Übung konzentriere sondern der kleinen Tourenmaschine zugeschaut habe.

Als nächstes sollen wir den Lenker nach rechts drehen und das Gewicht nach links verlagern. So bleiben wir stabil, wenn wir es richtig machen. Fast wäre ich dabei auf die Seite gekippt, kann aber gerade noch den Ständer ausklappen. Das war knapp. Es wäre mir sehr peinlich, auf die Seite zu fallen und zugeben zu müssen, dass ich mich nicht alleine aufrichten kann. Meine alten Federbeine lassen das nicht mehr zu. Also versuche ich die Übungen mit erhöhter Konzentration zu machen und es geht. Als Hilfe fixiere ich mit dem Scheinwerfer einen festen Punkt vor mir und ich fühle mich stabiler. Zum Abschluss dehnen wir unseren Lenker, indem wir die Griffe möglichst weit auseinander ziehen.

Nachdem diese Vorübungen abgeschlossen sind geht es ans Lernen der eigentlichen Tai Chi Form. Einige Motorräder kennen die Form bereits, anderen ist sie neu. Ich kenne bereits einen Teil. So fahren wir eine Bogen nach recht und blinken links. Anschliessend einen Bogen nach links mit rechtem Blinker. Wir heben das Vorderrad leicht an, biegen den Spiegel vor den Scheinwerfer, so weit das geht, und setzen das Rad wieder ab. Nun versuchen wir des Hinterrad zu heben, eine Kurve nach links zu fahren und gleichzeitig mit dem rechten Koffer zu wackeln. Das finde ich anstrengend und ich muss es ein paar mal üben. Das gleiche nach rechts geht schon ein bisschen besser. Dann den Kupplungshebel nach oben und den Bremshebel nach unten. Kurve nach rechts fahren, linken Koffer nach unten und mit dem Topcase wackeln. Wie war das? Bitte nochmal für mich. Eine Bewegung nach der anderen. Alles soll einen Kreis bilden. Erst mal den Kupplungshebel bewegen, dann den Bremshebel, dann beide gleichzeitig, aber in verschiedene Richtungen. Noch mal das Ganze, aber mit einer gefahrenen Rechtskurve. Nun den linken Koffer nach unten. Warum geht der rechte Koffer hoch? Noch mal. Nun bleibt der rechte Koffer in seiner Position, wackelt noch ein wenig, aber für den Anfang ist es gut. Auch mein Topcase wackelt, was jetzt nicht mehr so schwierig ist. Ich fahre ein kleines Stück von der Gruppe weg und übe diese Sequenz mehrmals für mich.

Während dessen sind die anderen Motorräder die Form weiter gefahren. Mir wird ein wenig schwindelig, wenn ich ihre Bewegungen sehe. Ich übe nochmal die neu gelernte  Kurve und versuche die gleiche Bewegung zur linken Seite. Ich bewege den Bremshebel nach oben, gleichzeitig den Kupplungshebel nach unten. Dabei die Kurve nach links fahren und den rechten Koffer nach unten drücken. Der linke Koffer bleibt auf gleicher Höhe und das Topcase wackelt.

Das ist genug für heute und ich bin zufrieden, einen weiteren Teil der Form gelernt zuhaben. Morgen soll der Kurs weiter gehen. 

28.08.2016

What's wrong with the Traditional Chinese Martial Arts

Ein Essay von Zhou Xuan Yun, welches mir das Wort aus dem Mund nimmt.

The traditional Chinese martial arts are wonderful. They are an irreplaceable part of Chinese cultural heritage. Their teachings encapsulate the the wisdom of thousands of years. They create a flexible, strong mind and body. Practicing these arts is a way to give yourself the gift of physical and mental well being.

But, here in the United States, it is rare to drive ten minutes in the city without seeing a yoga studio or a karate dojo. Traditional Chinese martial arts schools are few and far between. If the traditional Chinese martial arts are so wonderful, why aren’t they more widespread?The traditional Chinese martial arts have qualities that stand in the way of their popularity. Here are some of them:

An art form survives only if it is in demand. What was in demand in old China? The things that were necessary for survival. So what did people need to survive back then? They needed to stay healthy and to be able to protect themselves. The traditional Chinese martial arts developed out of those needs. Martial arts caught on, which is why we still have them today. However, skills that were needed across the ocean centuries ago are not essential to survival in modern Western culture. People who may have originally turned to traditional martial arts training now turn to faster, easier methods, like pharmacies, hospitals, fitness centers, or guns.

Traditional martial arts’ are still trying to gain a foothold in the west. This a challenge that most traditional martial arts teachers face. Many teachers only have a few dozen students. On the limited income a small school provides, they can not afford to teach full time. A few supplement their income by filming DVDs or writing books, (requiring business knowledge that most traditionally trained martial artists have not had the opportunity to acquire). Most have a day job that supports their teaching. When the teacher can not devote themselves full time to teaching and their own personal practice, it limits their improvement. This, in turn limits the number of their students they can attract. The cycle continues.


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12.08.2016

The Truth about Wudang History

China has experienced an unbelievable amount of change in the last 50 years. During that time, the Wudang marital arts have faced persecution, experienced a renaissance, and begun to spread internationally. Understanding these changes, is an important part of understanding the Wudang martial arts.

Cultural Revolution 1966-1976

From 1966 to 1976, China’s underwent a time of political and social chaos called the Cultural Revolution. Chairman Mao called upon young people to purge the nation of the “Four Olds” meaning old customs, old culture, old habits and old ideas. Temples were among the first places targeted. Temples were smashed and Daoists were forced to leave their mountains and forbidden to accept disciples or share their knowledge.  Wudang survived the Cultural Revolution with less damage than other sacred sites for several reasons:

1) Earlier, during China’s Civil War, a Communist leader named He Long (贺龙) suffered a great defeat and fled to Wudang Mountain. A Daoist named Xu Ben Shan (徐本善) saw that the wounded were cared for. Xu Ben Shan and He Long were both martial artists and shared their skills with each other. Because of its connection to a Communist leader Wudang Mountain was targeted less than other religious sites.

06.08.2016

Wegweiser

ganz sicher bist du an diesem Tag voller guter Absichten. Du willst dein Bestes geben, willst hilfsbereit, freundlich, ehrlich sein. Aber dann kommen Worte über deine Lippen, die du so nicht meinst, es steigen Gedanken in dir auf, die sich gegen andere richten, unfreundliche und du unterdrückst die spontane Geste, zu helfen: Dem nicht.
Was lässt uns anders sein, als wir eigentlich sein wollen? Oder anders rum: Wie kann ich so sein, wie ich sein will?
Wenn wir an dieses Potential heran wollen, kann Taijiquan und Qigong ein Weg sein. Ein Entwicklungsweg. Er beginnt bei den physischen Übungen. Es bleibt auch dabei, wenn du über das rein physische hinaus kommst. Du machst nicht was anderes, aber du machst es anders. Mit der Zeit wird es ein anderer, der es macht. Der ganze Mensch verändert sich. Deshalb nennen wir es Selbstkultivierung. 
Unterwegs kann man schon mal das Ziel aus den Augen verlieren. Wegen Musik und guter Speisen, wie Laozi sagt, vielleicht den Weg ganz aufgeben. Dazu haben wir unsere Lehrer, unsere Guides, unsere Wegweiser. Manchmal ist es hart, weiter zu gehen.Manchmal erfüllt es dich mit Freude. 
Hier ein kleiner Muntermacher von Barbara, die Ihre Zeit in Wudangshan wohl genossen hat.


08.07.2016

Ursprüngliche Anlagen

Neben ihren Gongfu Basisübungen, ihrem Konditionstraining und ihren diversen Formen rezitieren die jungen Leute hier in Wudang in der Daowei Caotang fast täglich den Laozi, das Daodejing. Sie lesen es laut, sie lesen es leise, sie schreiben es ab. Die Texte hängen auf großen Tafeln hier in den Gängen. Laozi ist allgegenwärtig. Ich hab mal einen, der gerade beim Abschreiben war gefragt, ob er das versteht. "bu dong" Nein, versteht er nicht. Darum geht es auch nicht, um das Verstehen, auf das wir Wert legen. Das analytische Betrachten, womöglich Wortklaubereien betreiben. Es soll eindringen und auf das innere Daodejing treffen. Es soll die vorhandene Weisheit wecken, die ursprünglichen Anlagen, die uns allen innewohnen.
Ein Chengyu, das in unserem "Kommunikationscenter" an der Wand prangt, möchte ich mal sehr frei übersetzen: "Sich selbst beherrschen, anderen dienen."
Das Leben in der Zivilisation westlicher Prägung fördert die natürlichen Anlagen nicht unbedingt. Die Wertvorstellungen des Kapitalismus drehen genau ins Gegenteil, sich selbst bedienen und andere beherrschen. Das kann auf lange Sicht nicht gut gehen, das kann die Menschen nicht glücklich machen. 
Im nächsten Taijiquan Qigong Journal erscheint ein Beitrag von mir über die Meditationsanleitung des Sun Simiao, da geht es auch um nichts anderes.

 

25.06.2016

The beauty of Yi Jing

Quelle: www.biroco.com
 

Examples of reading hexagrams off Shao Yong's Xiantian diagram. The six levels are the six lines. Black is yin or a broken hexagram line, white is yang or a solid line. Hexagram numbers are in the King Wen order, but note that from far left to far right the hexagrams are 0–63 in binary order (i.e., 000000 [all yin] to 111111 [all yang]).
See my archive of Chinese diagrams for original Xiantian illustrations, in both rectangular and circular formats. More details on the Xiantian diagram in Yijing hexagram sequences.
Out of interest, here's how the Xiantian diagram looks inversed:

 

See also the diagram of the King Wen sequence made in the same way.


23.06.2016

Psychosomatische Gesundheit

Wenn es die Möglichkeit gibt, psychosomatisch zu erkranken, und das sogar schwerwiegend, so muss es auch die Möglichkeit geben, psychosomatisch zu gesunden. Ich denke, dieser Weg sollte erforscht und systematisiert werden. Damit hätte man für ernsthaft Erkrankte einen möglichst preiswerten Weg, wieder in einen lebenswertes Gesamtzustand zu kommen. Für mich persönlich, der ich mich in keinster Weise bedenklich krank fühle und mit meinen Wehwehchen zurecht komme, geht es um eine Steigerung meiner Gesundheit. Einer Steigerung, von der ich überzeugt bin, da es doch auf dem Weg der Krankheit Stufen ihrer Lebensgefährdung gibt: Erkältung - Bronchitis - Lungenentzündung - Tod. Meines Erachtens ist es logisch, nicht nur einfach gesund zu sein, sondern sich auch strahlender, bester und exzellenter Gesundheit erfreuen zu können, deren zwangsläufige Steigerung im Gegensatz zum  Tod die Unsterblichkeit sein muss. 

 

Der chinesische Arzt und als Gott der Medizin verehrte Sun Si Miao (581 - 682) hat in seinem umfangreichen medizinischen Gesamtwerk ein ausführliches Buch der Selbstkultivierung gewidmet und die Stadien der Entwicklung, die bei der psychosomatischen Gesundung durchlaufen werden, genauestens beschrieben. Die Methode heißt Da Zuo und fällt bei uns unter den Sammelbegriff Meditation, was ja alles Mögliche sein kann. In meinem Buch über den Zwölfteiligen Brokat habe ich schon Teile des Textes von Sun Si Miao erwähnt und zitiert. Im nächsten Taijiquan und Qigong Journal soll ein ausführlicherer Artikel dazu erscheinen. 
Inzwischen habe ich ein weiteres Werk daoistischer Neidan Literatur ausgegraben, das in Deutschland wohl völlig unbekannte Huang Ting Jing, hinter dessen Symbolsprache ich nun zu blicken beginne. Es wurde von der Unsterblichen Wei Huacun "gechannelt" und um 288 n.u.Z. zum ersten Mal niedergeschrieben. Ich hoffe in absehbarer Zeit eine verständliche deutsche Version vorlegen zu können. Da es für solche Literatur nur wenige Leser gibt, ist es auch schwer, hierfür einen Verlag zu finden. Ich werde das Buch wohl wieder selbst herausgeben. Auch wird sich mit dem Verkauf nicht die Arbeit angemessen entlohnen. Wer meine Arbeit unterstützen will, der kauft am besten die schon erschienenen Bücher  auf Papier oder mit Strom. Alles im Buchladen um die Ecke oder auch im Internet erhältlich. Oder besucht mich auf einem meiner Seminare

04.06.2016

Fallobst

"Das Universum menscht, wie ein Apfelbaum apfelt." soll Allen Watts, dem man eine gewisse Ähnlichkeit mit mir nachsagt, einmal geäußert haben. Das apfeln des Apfelbaums ist seine Art, sich fortzupflanzen. Es braucht tausende von Äpfeln, um einen neuen Apfelbaum werden zu lassen. Der Rest ist Fallobst, dient Mensch und Tier als Nahrung. Gut und hilfreich, auch wenn es nicht in der Absicht des Baumes liegt.

 

Stimmt Freund Allens Bild, dann soll aus dem einen oder anderen Menschen ein neues Universum werden. Wie viele Menschen braucht es, damit einer einen tanzenden Stern gebären kann? Wem dienen die anderen als Nahrung?
"himmel und erde ohne wohlwollen
betrachten die menschen als opfer"

heißt es bei Laozi im 5. Kapitel. An anderer Stelle sprich der alte Meister von jenen, die durch das Leben ziehen, ohne es recht wahrzunehmen, von denen, die schon sterben, kaum dass sie geboren sind. Auch warnt er davor, wegen gutem Essen und Gesang den Weg zu verlassen, mag es auch noch so verführerisch sein. 
Es gibt viele Wege, die genug Chaos in sich haben, um ein neues Universum zu formen. Alle Wegweiser kennen die große Gefahr, den sanftesten aller Verführer, den Schmeichler und Besserwisser, den Versucher, den Mephisto, den: "Komm schon, das kannst du schon, was brauchst du noch die anderen." Ego, Ich, Groß, Pah!
Da fällt er ab, der Apfel, nicht weit vom Stamm. Keine Chance, je ein Baum zu werden.
Wer sich über den Weg stellt, der verliert den Weg. 
Giafu Feng, mein alter Lehrer, der nun tatsächlich mit Allen Watts befreundet war, hat gesagt, man müsse sich ändern, sich der Form anpassen und nicht umgekehrt. Wie Wasser. Zumindest hat man dann eine Chance.

29.05.2016

Warum dann Taijiquan und Wudangshan

 

hatte ich dir ja schon gesagt, Frau O., dass ich daran eigentlich nicht interessiert war. Ich wollte eigentlich Zen. Strenge, Kloster.
Man kann sagen, Taijiquan hat diverse Aspekte, die für unterschiedliche Bedürfnisse interessant sein können. Da wäre zum ersten die Sache mit der Gesundheit. Damit lehnen sie sich in China weit aus dem Fenster und im Westen hat man das gerne übernommen. Ich mach mitunter darauf aufmerksam, dass Gartenarbeit oder Singen im Chor auch gut für die Gesundheit ist, aber die Taijiler wollen darüber weit hinaus, tatsächlich richten sie mitunter böse Schäden an, weil sie die Sache nicht richtig machen und dann zum Beispiel Aua Knie bekommen. Aber das gehört hier nicht wirklich hin. Das Zweite ist vielleicht der meditative Aspekt, weil das ja ruhige und langsame Bewegungen sind und man sich auf den Ablauf und die Präzision konzentrieren muss. Das war damals auch für mich ausschlaggebend. Dann ist noch die Kampfkunst, hat man sich seinerzeit Anfang der Achziger in D wenig drum gekümmert, weswegen Taijiquan auch nicht in die Sportverbände gekommen ist wie Karate oder Judo, sondern an die Volkshochschulen. Erst mit der Verbreitung des Taiji-Chen Stils kam das Kämpferische wieder ins Bewusstsein. Hier in Wudangshan ist natürlich der Kampf wichtig, aber auch die Gesundheit und auch die Meditation. Aber dazu später.
Ich bin so da reingerutscht, damals. Hat mir gefallen, dann wollten andere wissen was ich da mache und irgendwie bin ich auf diesem Weg plötzlich Taijiquan Lehrer geworden. Nach einigen Jahren wollte ich wissen. ob mich das auch noch interessiert, wenn ich nicht mein Geld damit verdiene und weil es sich anbot, hab ich dann Möbel verkauft. Und für mich weiter gemacht. Wieder mal einige Jahre später hab ich gemerkt, wie egal es mir ist, in welcher Farbe sich Frau O. ihr Sofa kauft. Wäre sie aber bei mir in der Taijiquan Klasse, dann wäre es mir überhaupt nicht egal, wie sie ihre Arme hebt. Deshalb bin ich wieder zum Lehrer geworden. Nicht sofort, erst wollte ich in den Bereich der Anwendung fürs gemeine Volk. Seminare zur Stressbewältigung und so. Ging auch einige Zeit gut, dann kam Krise und ich wurde vom System ausgespuckt. Du verstehst, was ich meine. Jetzt bin ich froh darum, denn auf diese Weise bin ich wieder richtig eingestiegen und als ich 2005 zum ersten Mal nach Wudangshan kam, ging es zum zweiten Mal richtig los. 
Der Legende nach wurde in Wudangshan von einem Gelehrten Mönch namens Zhang Sanfeng das Taijiquan erfunden. Das ist auch richtig so, in gewisser Weise, aber eigentlich kann man das so nicht sagen. Naja, das würde jetzt hier zu weit führen. Jedenfalls ist Wudangshan ein Zentrum des Daoismus und ebenso ein Zentrum chinesischer Kampfkunst. Das andere Zentrum ist Shaolin, was im Westen bekannter ist, aber buddhistisch. Deshalb gibt es eben die beiden Zentren, sozusagen eines Yin und eines Yang. Das Wu in Wudangshan bedeutet Kampf, kriegerisch und das heißt deshalb so, weil die Berge dem Unsterblichen Zhen Wu Da Di, dem Wahrhaften Krieger, geweiht sind. Zhen Wu ist auf jeden Fall eine Legende, es gibt keine historische Figur. In etwa so, wie bei uns der Siegfried. Genauso gibt es hier auch alle Plätze, die in der Legende vorkommen und können besichtigt werden. Womit ja bewiesen ist, dass er hier gelebt haben muss. Im 17 Jahrhundert hat der Kaiser Yongle hier jede Menge Tempel, Paläste, Brücken und Tore errichten lassen und dem ganzen Ding noch mal gehörig Aufschwung verliehen. Deshalb gibt es auch hier sehr katholisch wirkende Gottesdienste mit Gesang, Hinknien, Aufstehen und viel Räucherwerk. Aber das interessiert mich nicht. Ich bin hier wegen sehr guter Information, wegen sauberem Training und einem offenherzigen, meditativen Alltag. Nicht klösterlich, nicht Zen, sehr lebendig.  

28.05.2016

Eine Schale Tee

 


Eine Schale Tee

Kölnig Wen aus Zhou hatte einen besonderen Tee bekommen. Nicht viel, gerade genug für eine kleine Kanne. Damit wollte er den Weisen Li beeindrucken. Also ließ er nach ihm schicken und Wasser aufsetzen. 
Als der Weise Li in den Palast kam, war der Tee gerade gewaschen und fertig für den ersten Aufguss.
Li setze sich in gebührendem Abstand zum König, dieser aber bat ihn, näher zu rücken, sollte es doch eine vertrauliche Begegnung sein. Als der Tee in die Schalen gegossen war, sagte Li:"Wir wollen dem Himmel und der Erde danken, dass sie sich vermischt haben und uns ein Leben schenkten, in dem es uns vergönnt ist, diesen Tee zu genießen." 
"Danken wir Himmel und Erde", sagte der König und wollte nach der Schale greifen. Aber Li hob leicht die Hand um anzuzeigen, dass er noch nicht fertig sei. "Auch unseren Eltern wollen wir danken und unseren Ahnen, denn sie waren doch unmittelbar beteiligt an unserer Menschwerdung."
"Ja, danken wir Vater und Mutter und deren Vorfahren." Doch bevor König Wen auch nur die leiseste Geste gemacht hatte, redete der Weise Li weiter:"Wir sollten nicht jene Menschen vergessen, die den Tee gepflanzt, gepflegt und gepflückt haben, sowie die, die ihn uns hergebracht haben."
"Nun, so sei auch derer gedacht und damit hätten wir wohl alle", wurde der König ungeduldig.
"Wenn wir es genau nehmen", antwortete Li,"dann sollten wir zumindest noch der jungen Frau danken, die den Tee für uns zubereitet hat. Aber besser wäre es, auch jene mit in unseren Dank einzubeziehen, die das Feuerholz gebracht haben und das Wasser vom Brunnen. Obwohl sie vom niederen Volke sind, so säßen wir ohne sie mit den trockenen Blättern hier. Beinahe hätte ich auch alle vergessen, die auf Euren klugen Plan hin die Straßen ausgebaut haben, auf denen der Tee zu uns gebracht wurde. Was wären alle diese Menschen, ohne ihre Nachbarn, Freunde und Verwandte, ohne die Händler von Stoffen, aus denen ihre Kleidung geschnitten wurde, ohne die Bauern, die für Nahrung sorgten, ohne die Ärzte, welche sie bei Gesundheit hielten.
Ehrenwerter König, wenn ich es recht bedenke, dann wird letzten Endes jeder Mensch unter dem Himmel daran beteiligt sein, dass wir jetzt diesen Tee trinken können. Der wird über meine Gedanken kalt geworden sein und ich bitte um Nachsicht. Doch mit der gewonnenen Erkenntnis sollte er uns auch so schmecken, wie er inzwischen geworden ist."
Lächelnd griffen beide nach ihren Schalen und in der Tat, kühl mundete ihnen das Getränk besser, als sie es je erwartet hätten. 


26.05.2016

Dao kennt keine Grenzen

Zum zehnjährigen Jubiläum unserer Zusammenarbeit und tiefen Freundschaft widmete Zhoing Xueyong mir eine Seite auf seinem chinesischen Blog. Der Text, verfasst von Guo ShuaiQing, ehrt mich sehr und erfüllt mich mit Freude. Die Übersetzung erfolgte mit Hilfe meiner lieben Freundin Viktoria, alle Fehler in der Ausführung des deutschen Textes sind aber mir anzulasten. 

“道”无国界 
"Dao" kennt keine Grenzen
2016-05-25 武当武术培训

 


“道可道,非常道。名可名,非常名····”一部道德经传承了千年,外文译本已有近500种,涉及30多种语言,其海外发行量居中国传统文化经典之首,甚至堪与西方的《圣经》相比(张景志先生统计的数字认为,现在已超过《圣经》,居世界第一)。
 
"dao ke dao, fei chang dao. ming ke ming, fei chang ming. .."* für den ersten Satz des Dao De Jing  gibt es hunderte Interpretationen, und dennoch ist es schwer zu verstehen. Das Buch wird wie eine Bibel gelesen und genauso zitiert.
*der weg den wir weisen ist kein dauernder weg. der name den wir nennen ist kein dauernder name. 

老子说“天道无亲,恒与善人”:就是说真正的“道”,不会因为老子是中国人而只照顾中国人。只要是“善人”——有德行有眼光的人,就会得到它。
Laozi sagt: "Des Himmels Dao ist elternlos, deshalb ist es ständig den Menschen nah." Mit anderen Worten: Ein wahrhaftiger Weg. Nur weil Laozi ein Chinese war, ist dies nicht ausschließlich für Chinesen gültig. Insofern ein Mensch gut ist, ein gütiger und klarsichtiger Mensch, möchte man mit ihm sein. 

十年前我来到的武当的时候,看到许许多多的外国人络绎不绝的来到武当山学习武当武术,而德国人Yurgen Oster除了学习太极,八卦,玄武拳等,更多的是深入学习道文化,道家人物著作。当我们问起他为什么来中国武当山学艺时,他说:“很多人来武当山也许是为了功夫,但是我是为了成为像道家神仙一样的人。”
Als ich vor zehn Jahren nach Wudangshan kam, waren viele Ausländer zu sehen, ein konstanter Fluss von Menschen, die Wudangshan Kampfkunst lernen wollten. Auch der Deutsche Yürgen Oster kam wegen des Taijiquan, Ba Gua ud Xuan Wu Quan Unterrichts, aber mehr noch, um sein Wissen um die Daoistische Kultur und Literatur zu vertiefen. Als wir danach fragten, warum jeder nach Wudangshan gekommen war, sagte er: "Die meisten kommen wegen des Wudang Wushu, aber ich bin hier um ein vollkommener Daoist zu werden."


从2006年开始,Yurgen Oster每年都来到武当山住三个月或半年,从未间断,他到紫霄宫大殿上早晚课,学习中文经典,习练太极,混元桩,玄武拳,八卦掌,太乙五行拳,八段锦,太和拳,五行气功,太极剑,拂尘等,十年来几乎所有的武术拳种他都体修过,对于67岁的他,其身体的柔韧度丝毫不弱于国内养生班的学员,对武当内家拳的理解正如他身体证悟到的一样,改变着他的生命····
Seit 2006 kommt Yürgen Oster jedes Jahr für drei bis sechs Monate nach Wudangshan, regelmäßig besucht er morgens und abends den Unterricht im Zixiaogong, Purpuwolkenpalast, studiert die chinesischen Klassiker, praktiziert Taijiquan, Hunyuan Zhuang, Xuanwu Quan, Baduan Jin, Taiyi Wuxing Quan, Bagua Zhang, Taihe Quan, Wuxing Qigong, Taiji Jian, Fu Chen. In zehn Jahren hat er sein Wushu entwickelt, kann alle Formen vorführen und ist, obwohl inzwischen 67 Jahre alt, noch so beweglich und flexibel wie ein Junger. Durch sein Verständnis der inneren Kampfkünste von Wudang sowie der Anwendung auf den Körper wurde sein Leben verändert. 


他常常说武当山就像他的第二个家,他对武当山的每一处都很熟悉,每个人都很热情,很喜欢和他交流,也许与他慈心于物的心地有关。
Oft sagt er, Wudangshan ist seine zweite Heimat, er kennt jeden in den Wudang Bergen und jeder kennt ihn, er pflegt die Kommunikation, auch wenn er die chinesische Sprache nicht fließend beherrscht, so wird er verstanden, denn er spricht vom Herzen.


武当上许多武馆可是他选择跟随钟道长习武,他说他喜欢钟师傅的性格真实直爽,功夫深厚而且境界每年都在提高,虽然他英文不好,可是一点也不影响教学。
Wudang bietet viele Möglichkeiten für Gäste, sich den Kampfkünsten zu widmen, Yürgen Oster entschied sich, dem Dao Mönch Zhong zu folgen. Er sagt, er mag Zhong Shifus direkte und ehrliche Art, sein Gong Fu zeigt Tiefe und erreicht von Jahr zu Jahr ein höheres Niveau, und auch wenn sein Englisch nicht besonders gut ist, wird dadurch seine Vermittlung nicht gemindert.


40年前他因《道德经》《易经》《庄子》而知道中国,从太极开启他的寻道之旅,结缘武当便深深的沉醉其中,并先后翻译出版数十种关于道家文化的书籍。
Seit über 40 Jahren vertraut mit den Werken "Dao De Jing" "Yi Jing" "Zhuang Zi" und anderen chinesische Klassikern, öffnete sich ihm mit der Praxis des Taiji ein Weg, dem er folgen konnte, fand Gefallen an den Wudang Praktiken und wurde von ihnen voll und ganz durchdrungen. Gleichzeitig veröffentlichte er an die 10 Bücher über die daoistische Kultur. 

 

 也许在当今社会很多国人盲目追求西方文化价值观的同时,不知道珍惜自己祖根文化的精髓,不知道大道带给人类的智慧启迪和心灵的净化,不明白“道运重兴”带给人类的利益,而在整个西方世界对道文化却是无限敬仰和推崇并从中吸取智慧来改变他们生活的各个领域。
Anscheinend folgt heutzutage die gesamte Menschheit blind dem westlichen Wertesystem, wissen nicht von dem Schatz ihrer eigenen Kultur, den Wurzeln ihrer Essenz, wissen nicht vom Weg des Großen Dao, welches der Menschheit Einsicht, Weisheit und Erleuchtung bietet. Sie verstehen nicht, welchen Gewinn sie daraus ziehen können. Die Chinesen sind begeistert vom westlichen Lebensstil in allen Bereichen und ehren nicht die Weisheit, die in der Kultur ihres Landes wurzelt.


德国哲人尼采在读完《道德经》之后,大加称赞,说老子思想“像一个不枯竭的井泉,满载宝藏,放下汲桶,唾手可得”。而托尔斯泰当年也曾说,自己良好精神状态的保持应当归功于阅读《道德经》。而Yurgen Oster用身心体证着道德经中的境界,如同武当那片清灵的天地映照他那智慧的心田。
Der deutsche Philosoph Nietzsche sagte über diese Weisheit, sie sei "...ein unerschöpflicher Brunnen, in den kein Eimer hinabsteigt, ohne mit Gold und Güte gefüllt heraufzukommen." Und Tolstoi gestand, dass ihn die Lektüre des Dao De Jing bei geistiger Gesundheit gehalten habe. So zeigt auch Yürgen Osters Verkörperung des Dao De Jing den tiefen Sinn und Wudang als ein Platz zur Klärung des Geistes und des Leuchtens schlichter Herzlichkeit.

 







 

22.05.2016

Das Ding mit dem Dao

Hallo Frau O. warte mal, ich bin noch nicht fertig.
Ich war mal katholisch, so richtig mit Messdiener, konnte die ganze alte Liturgie auf Latein. Mit 15 war damit Schluss und mit 17 bin ich ausgetreten. Basta. Ungefähr zwei Jahre später fiel mir das Dao De Jing in die Hände. Damals noch Tao Te King, bei Reclam. Ich fand das gut. Als ich vor einiger Zeit noch mal in dieser alten Ausgabe geblättert und gelesen hab, konnte ich nicht verstehen, was ich damals daran so gut fand. Vielleicht noch mal zwei Jahre später erzählte mir einer was von einem Freund, der einen taoistischen Tanz lerne, bei dem man ganz genau festgelegte Schritte und Bewegungen machen müsse. Das passte nun überhaupt nicht zu dem Bild, das ich mir von Tao sprich Dao nach der Lektüre des Laozi Textes gemacht hatte. Noch mal sagen wir mal zwei Jahre später erklärte mir in Amsterdam eine Frau auf LSD das Yi Jing (I Ging, und ich war auf LSD, nicht die Frau). Jetzt bekam dieses pananarchistische Dao richtig System.
Also Laozi sagt gleich zu Anfang, dass man Dao nicht erklären kann, man sich aber drauf einlassen sollte. Wer sich drauf einlässt, der hat De. Dao ist sozusagen der Lauf der Dinge und De wird meist mit Tugend übersetzt, kann aber auch Kraft heißen, zum Beispiel. Die richtige innere Einstellung, um nicht den Überblick zu verlieren.

 

 Laozi nennt man den Begründer des Daoismus, obwohl das nicht alles neu war, er hat es aber aufgeschrieben. Brecht hat darüber ein schönes Gedicht gemacht, was leider nicht ganz der historischen Wahrheit entspricht. Allerdings was ist das schon. Es gibt genug Gelehrte, die meinen, Laozi habe es nicht wirklich gegeben. Ändert nichts an der Lehre. Es gibt auch genug Gelehrte, die meinen das ganze Universum existiere nicht wirklich, sondern wäre vielleicht nur so eine Idee von mir. (Was auch stimmt, aber wenn wir uns darauf einlassen, brauchen wir nichts mehr weiter tun, dann wäre Schluss)
Die Daoisten haben ein sehr interessantes Konzept vom Kosmos und dem ganzen Dasein. Ich kann das wirklich nicht in wenigen Worten zusammenfassen, aber es kommt dem sehr nah, was moderne Physiker mitunter absondern. Wenn man sich an den Gedanken gewöhnt, dass das alles nicht wirklich so ist, wie es uns vorkommt, dann kann man in eine fürchterliche nihilistische Depression verfallen oder sich entspannt zurücklehnen und den Zirkus geniessen. Bis in zweite Jahrhundert unserer Zeitechnungwar das ganze eine prächtige philosophische Schule, in der viel diskutiert und interpretiert wurde. Dann kamen die Buddhisten nach China und ich denke, unter deren Einfluss wurde aus der Philosopjie eine Religion. Dann gab es mteinmal auch Tempel und Orden und Mönche, Nonnen, Liturgien, Gesänge, Weihrauch und Opfer, Gebete Verbeugungen, Prozessionen, alles was zu einer ordentlichen Religion gehört. Da haben sich die Chinesen das Geschäft nicht den Indern überlassen. Aber das muss man nicht mitmachen. Ich geniesse es als Folklore.
Jetzt kannst du noch fragen, warum ich mich dann mit diesem Tanz abquäle, bei dem jeder Schritt und jede Bewegung genauestens festgelegt ist und wieso eigentlich ausgerechnet Wudangshan. 
Kann ich dir auch beantworten, aber nicht mehr heute.

19.05.2016

Hier zu sein

Würde ich jetzt ein Mikrophon einschalten, dann wäre es ein postcast, oder? Einen Postcast hab ich noch nie gemacht. Es würde mich aber vor dauernden Tippfehlern bewahren. 
Frau A.O. aus ich weiß nicht wo fragt, was ich hier eigentlich mache. Weil sich das vielleicht auch einige andere fragen, beantworte ich es öffentlich. Ich hoffe, Frau A.O. aus Irgendwo hat Verständnis dafür. 
Nun mache ich hier nichts besonderes, die alltäglichen Dinge, die hier aus sehr viel körperlicher Übung bestehen.
Vor fast ziemlich genau vierzig Jahren ungefähr fing ich damit an Taijiquan zu lernen. Obwohl ich das zunächst widerwillig anging (Freundin wollte, ich nicht) fand ich eigentlich schon nach dem ersten Heben und Senken der Arme einen Gefallen daran und stellte mich anscheinend auch noch geschickt an. Machen wir es kurz, ich wurde völlig ohne Ambitionen zum Taijiquan und Qigong Lehrer. Weil Taijiquan zumindest der Legende nach in Wudangshan seinen Ursprung hat (und auch die chinesische Post unterstützt diese Legende), bestand ich 30 Jahre später darauf, eine Chinareise mit einem Besuch in Wudangshan zu verbinden. 
Ich dachte mir das so: Da ist ein Berg und da ist ein Tempel mit Mönchen und die haben den ganzen Tag nichts besseres zu tun als Taijiquan zu üben. Tasächlich ist das nicht EIN Berg, sondern eine Bergregion umd es gibt da auch nicht einen Tempel, sondern viele und die Mönche machen kaum was an Taijiquan. Das wurde zumindest in der Neuzeit (nach ca. 1985) ins Profane verlagert und wird derzeit in immer mehr aufblühenden Schulen unterrichtet. 
So! In diesem Universum landete ich vor 11 Jahren und seit 10 Jahren reise ich immer wieder freiwillig hier hin.
Gestern Abend hatten wir ein Essen. Ein neuer Gast, der in der Tourismusbranche wer ist, hatte eingeladen und da saß ich nun, mit unserem Shifu 师傅,dem hiesigen Polizeichef (ich mit dem Polizeichef!) und so weiter zusammen und haben gefachsimpelt und gesponnen, uns erinnert, daran, wie ich zum ersten oder zweiten Mal herkam und wie Zhong Shifu und ich gleich Freunde wurden. Ich bin nicht dazu gekommen, zu erklären, warum ich in Deutschland keinen Tempel errichten will. aber dass ich mich hier wie zu Hause fühle, selbst wenn ich dieses verdammte Chinesisch einfach nicht verstehe. (man spricht hier einen Dialekt, ähnlich dem Sächsischen). Als ich meinte, ich fühle mich wie in der Mitte der Mitte des Zentrums, da stimmten alle zu, weil ich ja hier in der Mitte der Mitte des Zentrums sei und auch, dass man das niemandem erklären könne, der noch nie hier gewesen ist. Meinte auch der Polizeichef. Und auch die Polizistin, die ich immer Ursula nenne, weil ich ihren Namen nicht weiß, die aber auf Ursula hört. 
 
Mit der Polizei sind wir dicke, weil die Schule in einem ehemaligen Hotel untergebracht ist, welches der Polizei gehört. Jetzt hier zu erklären, warum wir in diesem Polizeihotel sind, das wird zu kompliziert. Wir trainieren im Hof oder im Tempel, dem Zixiaogong, was Purpurwolkenpalast heißt. Wir führen kein ruhig beschauliches, meditatives Tempelleben. Vor allem das Training der Jugendlichen ist recht sportiv. Ich halte mich aus Altersgründen etwas zurück. Obwohl ich nun auf die siebzig zugehe, mangelt es mir an entsprechender Alterswürde, da hilft auch kein Bart. Allerdings lassen mich die schnelleren Kungfu-Formen aus der Puste geraten. 
Ansonsten lässt mir unser Trainingsalltag kaum die Zeit, einen solchen Bericht zu schreiben. 
Ich verbringe meine Tage mit den kleinen Dingen, damit, mein Zimmer sauber zu halten und meine Wäsche, immer mit der Hand, weil es keine Waschmasch mehr gibt, rechtzeitig zum Essen zu kommen, weil es sonst nicht mehr alles gibt und rechtzeitig zum Training, weil es sich so gehört. Meistens stehe ich morgens gegen halb sechs auf, gehe rauf in den Tempel, wo die Nonnen singen und ich mein Qigong mache. Danach gibts Frühstück, aufräumen, Training, Mittagessen und Pause, wie jetzt, die ich gerne nutze, Chinesisch zu lernen, worüber ich immer prima einschlafe. Dann wieder Training, Abendessen, Spaziergang, schlafen. Alle zehn Tage ist frei, meistens nutze ich es für einen Ausflug.
Das alles hat natürlich auch mit Dao zu tun, jenem geheimnisvollen Offenbaren.
 
ein jeder gibt seinem leben sinn
ich allein bin ohne verstand
anders als andere
ehre die nährend mutter 

Ich weiß nicht genau, warum ich hier bin. Weil es meistens morgens Nudelsuppe gibt? Oder weil mir hier noch die Hühner über den Weg laufen, wegen der Nonnen, wegen des Kongfu???
Wenn ich hier bin, bin ich glücklich. Mir reicht das. 

02.05.2016

Es ist nie altmodisch, das zu tun, was man am besten kann.*

Vor einem Jahr um diese Zeit, ungefähr, hielt ich es für eine gute Idee, den Daoismus der Wudang Tradition aufzuzeichnen. Eine Fortsetzung des etwas in Stocken geratene Projekt auf einem meiner Blogs.  In Deutschland weiß man recht wenig über die Geisteshaltung, die neben dem Konfuzianismus auf chinesischen Boden gewachsen ist. Da gibt es cirka 20 verschiedene Übersetzungen des Dao De Jing (Tao Te King) vielleicht zwei oder drei Bücher mit den Texten von Zhuangzi (Chuang Tse) und das Yi Jing (I Ging). Dazu noch einige Sekundärliteratur, Aboutism. Damit geben sich die Leut zufrieden, denken sich ihr Teil und gehen wieder zum Tagesgeschäft über. Aus dem Daoismus könnte man Berge von Bücher übersetzen. Deshalb hielt ich es auch für eine gute Idee, mich auf die Aspekte der Wudang Tradition zu beschränken. Das allein würde schon Arbeit für einige Jahre bedeuten. Nicht nur die Theorie, die Geschichte, die Medizin, natürlich auch die Kampfkünste, die verschiedenen Richtungen und Stile, Sanfeng, Xuanwu, Longmen ....

 

Zur Finanzierung hatte ich mir einige Alternativen durchgerechnet. Zunächst wollte ich in Ruhe das Feld sondieren, weshalb ich mir drei bis vier Monate Zeit der Recherche frei gehalten hatte. Ich ging es wie gesagt in Ruhe an. Und mir wurde klar, dass niemand hier in die Berge gegangen ist um die Berge kennen zu lernen. Die Einsiedler, jene frühen Daoisten und die ihnen folgenden Mönche, als auch die modernen Kampfkünstler aus aller Welt, sie alle wollten und wollen nicht die Berge kennen lernen, sondern sich selbst. Die Berge haben ihre Geschichte und ihre Geschichten. Die kann man sich anhören oder anlesen. Aber ist es von Bedeutung?. 
Sich selbst kennen lernen ist ein merkwürdiger Prozess. Als wollte man sein Spiegelbild aus dem Wasser schöpfen. Dauert, bis man den Schöpfer erkennt. 
Mit anderen Worten, das Projekt wurde hiermit vorgestellt und begraben. 
Kommt euch die Berge selbst ansehen. Sie sind es wert. 

*aus „Die Gräfin von Hongkong“

16.04.2016

Kaffee togo

In Mainz endet nun die Herz zu Herz Tour mit einem Seminar zum Yangsheng Taiji, einer wohl neueren Form, die ich auch erst letztes Jahr gelernt habe. Das Seminar ist gut besucht und der erste Tag startet viel versprechend. In der Mittagspause, nachdem ich einen kleinen Imbiss zu mir genommen habe, stehe ich so rum und weiß nicht so recht was mit mir anzufangen. Bis runter zum Rhein ist eigentlich zu weit für die verbleibende Zeit und in der Stadt gibt es keine wirklich verlockenden Ziele. Während ich so stehe und zu den gelegentlich die Stadt überfliegenden Flugzeugen aufschaue, wohl wissend, dass ich in wenigen Tagen auch in einer dieser Maschinen sitzen werde, um endlich wieder nach China zu reisen, kommt ein jüngeres Paar vorbei, die mir bekannt vorkommen, ohne zu wissen, woher. Diese grüßen auch, ich zurück und gehe ein paar Schritte weiter, immer noch unschlüssig, was ich mit den zwanzig Minuten anfangen soll. Da kommen die beiden zurück, sprechen mich an, ob sie mich nicht vor wenigen Wochen noch auf Teneriffa gesehen hätten, Taijiquan machend. So entwickelt sich ein kurzes Gespräch und sie versichern mir, im Januar, wenn sie wieder auf Teneriffa sind, dann wollen sie mitmachen. Die Welt sei klein, sagt man da wohl.



Die Welt steckt voller Überraschungen. Denn wer mich kennt, der weiß, dass ich gerne guten Kaffee trinke. Den gibt es aber in China, dem Land des hervorragenden Tees so gut wie nicht. Die letzten Jahre habe ich mich mit löslichem Pulver begnügen müssen, dem der Hersteller auch noch milchpulverähnliche Substanz und süßende Stoffe beigemischt hat. Dass das anders werden muss, habe ich für mich entschieden und im Internet nach einer Bialetti mit Stecker gesucht. Auch gefunden und bestellt, dann aber sehr knappe Lieferfristen zu meinem Abflugtermin bekommen. Zu knappe. Eigentlich überhaupt nicht passend. Storno. In der Stadt die einschlägigen Handelshäuser aufgesucht, große wie kleine, ohne glückliche Hand. Naja, da gab es schon was, nicht ganz die erste Wahl, aber ich hätte es genommen. Zunächst aber wollte ich sicher gehen, dass die Stornierung auch glatt gelaufen ist. Aber da finde ich nicht nur die Bestätigung in meinen Kommunikationsmedien, da kommt auch von Susanne, die ich über facebook kennen gelernt habe und die diesen Februar etwas unglückliches Wetter auf Teneriffa erwischt hat, also wobei wir dann mal persönlich, in echt, im richtigen Leben uns begegnet sind, von dieser Susanne kommt eine Mitteilung, sie habe da so eine Espressokanne mit Stecker - wie geil ist das denn.
Jetzt sitze ich hier, die Kanne ist schon angekommen, da hab ich die Leute getroffen aus Teneriffa und alles ist so rund, besser kann Leben doch nicht sein. Ich bin so dankbar, so unendlich dankbar. Auch für die Kanne, aber vor allem für das glückliche Dasein, welches ich erleben darf.